«Die Arbeit hatte etwas Meditatives»

Der Erfahrungsbericht eines Freiwilligen

Niels Jost arbeitet als Mediensprecher bei Caritas Schweiz. Er hat diesen Sommer einen einwöchigen Bergeinsatz im Berner Oberland geleistet. Wegen eines Schicksalsschlags war die Familie sehr froh um die Unterstützung.

Wieso hast du einen Bergeinsatz gemacht? Was war deine Motivation, eine Woche Ferien «zu opfern»?

Ich bin gerne draussen. Als Kind war es das Grösste, bei Freunden auf dem Bauernhof herumzutoben. Zudem haben Freunde von mir schon auf einer Alp ausgeholfen – die körperliche Arbeit, wie sie es erzählten, hat mich gereizt. Aber zugegeben, der ausschlaggebende Grund war ein ganz praktischer: Meine Freundin konnte keine Ferien nehmen, ich hingegen schon. Also wollte ich diese Woche sinnvoll nutzen.

«Als Bergbauernfamilie ist man schlicht auf Unterstützung angewiesen, alleine schafft man das nicht»NIels JostFreiwilliger Bergeinsatz

Was hat dich während deines Einsatzes überrascht?

Zwei Sachen haben mich überrascht: die Abgeschiedenheit und die Arbeitslast. Im Berggebiet sind alle Aufgaben aufwändiger. Beim Heuen kann man wegen des steilen Geländes beispielsweise nur bedingt Maschinen einsetzen und muss vieles von Hand machen. Durch die Mehrarbeit bleibt der Familie fast keine Zeit, mal aus dem Tal rauszukommen, sei es für eine Vereinsaktivität oder für den spontanen Einkauf im Dorfladen. Die Familie ist dadurch häufig unter sich. Das ist schön, aber dafür muss man gemacht sein.

Welche Arbeiten hast du während deines Einsatzes gemacht?

Die ersten beiden Tage war es sonnig, da half ich beim Heuen. Mit dem Laubbläser auf dem Rücken stieg ich die steilen Hänge hoch und blies das getrocknete Gras zu grossen Büscheln zusammen. Die restliche Woche war das Wetter unbeständig, sodass ich den Stall reinigte: die Fenster, Tränkebecken, Futtertröge und alles Weitere. Das sind Arbeiten, die bei der Familie jeden Sommer anfallen, wenn die Tiere auf der Alp weiden. Das hatte durchaus etwas Meditatives. Zudem war ich fürs Kochen zuständig, was ich sehr gerne machte.

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Was nimmst du aus deinem Bergeinsatz mit – welche Erinnerungen werden dir bleiben?

In der Woche vor meinem Bergeinsatz erlitt die Familie einen schweren Schicksalsschlag. Das war natürlich sehr präsent. Ich staunte aber, wie stark sie damit umgegangen sind. Sie konnten ihre Trauer mir gegenüber – als völlig fremde Person – ungehemmt zeigen und wir hatten einige tiefgründige Gespräche. Gleichzeitig hatten wir viele schöne und lustige Momente zusammen. Diese Ehrlichkeit, dieses Natürliche der Familie werde ich nie vergessen.

In Erinnerung bleiben wird mir auch die grosse Wertschätzung. Als Bergbauernfamilie ist man schlicht auf Unterstützung angewiesen, alleine schafft man das nicht. Und diese Hilfe können sie auch annehmen. Die Familie hat sich unzählige Male aufrichtig bedankt. Das zeigt, wie wichtig dieses freiwillige Engagement ist. Ich kann den Bergeinsatz daher absolut empfehlen!

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